Unser Kunden-Interview mit Bereichsleiter Thomas Knubel von den Stadtwerken Bielefeld (Teil 1)
Wir geben Einblick in unsere Kundenprojekte. Diesmal haben wir mit Thomas Knubel gesprochen. Er ist Bereichsleiter im Geschäftsbereich IT und Digitalisierung bei den Stadtwerken Bielefeld. In diesem Interview berichtet er über seinen Arbeitsalltag und die Herausforderungen, denen er als Führungskraft begegnet. Dabei ist nicht nur ein kleines Zeitdokument entstanden - nämlich ein Rückblick auf die Coronapandemie und ihre Auswirkungen auf den Einzelnen, auf Teams und wie sich Kommunikation und Zusammenarbeit verändert haben. Es ist zugleich ein mutmachendes Plädoyer geworden, sich als Führungskraft der Themen aktiv und gestaltend anzunehmen.
Unsere Aufgabe in diesem Projekt war es, Kommunikation und Teamzusammenhalt zu verbessern und zu stärken. Dafür haben wir hybrid zusammengearbeitet, so wie es für unsere Arbeitswelt nach Corona selbstverständlich geworden ist.
Kommunikation im Team
Coltos: Danke Thomas, dass du dir die Zeit für dieses Interview nimmst. Kurz zu Deinem Unternehmen. Die Stadtwerke Bielefeld versorgen die Region mit Energie, Wasser und Wärme. Ihr betreibt den öffentlichen Nahverkehr und bietet Lösungen für die Telekommunikation. Ihr sorgt für aktiven Freizeitspaß in den Bädern und steht für umweltschonende Abfallverbrennung - eine Menge wichtiger Dienstleistungen. Also auch ein breites Spektrum mit vielen Anforderungen an den Geschäftsbereich IT und Digitalisierung. Wie haben sich Deiner Meinung nach die Anforderungen in den letzten Jahren an euren Bereich verändert?
Thomas: Im Rahmen der Digitalisierung, die seit vielen Jahren immer weiter voranschreitet, sind auch immer mehr Wünsche an uns herangetragen worden. Wir haben interne und externe Kunden. Wenn ich an die Umschlagsgeschwindigkeit denke, und ich bin jetzt seit 22 Jahren bei den Stadtwerken, hat sich diese verdreifacht. Und deshalb ist unser IT-Bereich auch immer weitergewachsen. Wir waren vor ca. 5 Jahren noch um die 130 Mitarbeitende und werden zum Jahresende wahrscheinlich 180 sein. Das ist schon ein enormer Anstieg, was das Personal betrifft. Aber die Anforderungen werden einfach auch immer komplexer, besonders an die Security. Gerade im Zuge der ganzen Kriegsgeschehen auf der Welt haben wir zusätzliche „Ohren“. Die Cyberangriffe in den Kommunen, bei den Energieversorgern aber auch bei allen Wirtschaftsunternehmen sind enorm angestiegen. Diese kosten nicht nur Geld, was man in die Hand nehmen muss, sondern es erfordert auch mehr Personal, um Hard- und Software sicher zu betreiben.
Coltos: Ihr seid insgesamt 2.700 Mitarbeitende. Wie groß ist Dein Team?
Thomas: Stand letzter Woche sind es 23 Mitarbeitende, also Männer und Frauen. Ich führe drei Teams. Zur Unterstützung habe ich noch zwei Teamkoordinatoren. Das eine Team ist für die Netzwerkbetreuung zuständig, das andere kümmert sich um die technischen Applikationen mit ungefähr 90 Themengebieten, die wir verantworten. Ich selbst leite noch drei Mitarbeitende direkt, die sich um die Rechenzentrumsinfrastruktur kümmern.
Coltos: Nun wollen wir über das Thema Kommunikation sprechen. Wir haben über mehrere Monate dazu mit deinen Mitarbeitenden gearbeitet. Kommunikation ist natürlich das zentrale Thema für die Zusammenarbeit. Du bist damals auf uns zugekommen und hast gesagt, du möchtest gerne, dass in deinem Team noch besser miteinander kommuniziert wird. Was hat dir damals in deinem Team gefehlt?
Thomas: Ich gehe zurück zu Corona, also Anfang 2020. In den ersten anderthalb Jahren wurde dazu aufgerufen, möglichst viel aus dem Homeoffice und nicht in Präsenz zu arbeiten, was für mein Team zusätzlich schwierig war. Denn wir haben viel bei unseren Kunden vor Ort gearbeitet, wenn wir z.B. Hardware installieren oder konfigurieren mussten. Das geht eben nicht von zuhause aus.
Ich war selbst meistens im Homeoffice. In dieser Zeit haben neue Führungskollegen in unserem Bereich angefangen und die Kommunikation lief ausschließlich über MS-Teams im Videochat.
Und ich habe bei mir selbst gemerkt, dass so eine Art Vereinsamung eintrat.
Man wusste nicht, wird der andere meine Gestik und Mimik verstehen. Habe ich überhaupt die volle Aufmerksamkeit oder wird da noch nebenbei etwas anderes gemacht? Die Kamera war nicht immer an, weil das auch nicht verpflichtend war bei uns. Der klassische Kaffee auf dem Flur, den gab es ja nicht mehr. Wir haben uns dann zu einem virtuellen Kaffee morgens eine Viertelstunde getroffen und online zusammen vorm Bildschirm Kaffee getrunken. Aber das war irgendwie nicht das Gleiche.
Die Pandemie zog sich dann zweieinhalb bis fast drei 3 Jahre hin. Dann durften wir zurück ins Büro. Und da habe ich gemerkt, dass die Stimmung, das Miteinander und auch die Kommunikation nicht mehr so wie vorher waren.
Man hat den Menschen angemerkt, dass die Zeit ihre Spuren hinterlassen hat - nicht nur bei mir im Team.
Ich habe das auch in unserem Führungskräftekreis und im gesamten Geschäftsbereich IT und Digitalisierung festgestellt. Kommunikation und Zusammenhalt hatten stark gelitten. Und da wollte ich versuchen, von der MS-Teams-Nutzung mit Kamera und Headset wieder wegzukommen. Ich wollte, dass wir generell wieder mehr Zeit in Präsenz verbringen, einfach alte Kommunikationswege wiederbeleben, miteinander reden oder einfach auch mal wieder Kaffee zusammen trinken.
Deshalb habe ich den Entschluss gefasst, meinen Mitarbeitenden etwas Gutes zu tun und mit den Workshops die Gelegenheit zu schaffen, genügend Raum für den Austausch zu geben und wieder besser in Kommunikation zu kommen.
Coltos: Was haben Deine Mitarbeitenden zu Deinem Vorschlag, an der Kommunikation zu arbeiten, gesagt? Wie waren die Reaktionen?
Thomas: Der große Unterschied zwischen meinem Team und mir ist, dass ich gar nicht aus der IT komme. Ich bin vor acht Jahren als Quereinsteiger in die IT gegangen. Ich war vorher als Bereichsleiter für die Themen Monitoring & Prozessmanagement und Messdienstleistungen tätig. Ich bin von Natur aus ein sehr kommunikativer Mensch, rede also gerne und oft und genieße den Austausch - beruflich wie privat. Der klassische IT-ler sitzt meist allein vor seinem Rechner, tüftelt vor sich hin und hört erst auf, wenn er das Problem gelöst hat. Er spricht meist wenig und sein Bildschirm ist die erste Wahl als Gegenüber.
Meine Mannschaft kannte mich auch vor Corona schon vier Jahre lang und sie wussten, wie ich so unterwegs bin und haben mitgezogen. Ich habe schon vor Corona viel dazu beigetragen, dass innerhalb des Teams mehr miteinander gesprochen wird, beziehungsweise besser miteinander kommuniziert wird. Deswegen hat der Vorschlag keine besondere Reaktion ausgelöst. Angenehm überrascht waren sie, dass man jetzt in Coachings investiert, statt wie so üblich in IT-Systeme. Ich hatte die Idee mit meinem Chef besprochen und er fand sie genauso gut wie ich. Also konnte es losgehen.
Coltos: Lass uns gerne mal auf die einzelnen Schwerpunkte schauen. Wir haben im ersten Workshop zum Thema Kommunikation im Team gearbeitet. Wenn Du Dein Team heute erlebst, was ist in der Kommunikation anders als zuvor?
Thomas: Es wird jetzt vielmehr über Themen untereinander gesprochen, wo man vorher der Meinung war, das interessiert ja sowieso nicht. Das mag vielleicht auch so sein, aber durch das Kommunikationstraining ist den Mitarbeitenden eben auch vermittelt worden, dass es wichtig ist zu wissen, was der andere tut - egal ob es jetzt in das gleiche Arbeitsspektrum fällt oder nicht. Jedes Mitglied muss offen kommunizieren und alle müssen sich gegenseitig unterstützen.
Es ist wichtig, die Belastungen und Herausforderungen jedes Einzelnen zu erkennen und anzusprechen.
Ob es sich um Schwierigkeiten im Umgang mit Kunden, persönliche Probleme oder Hindernisse bei der Erledigung von Aufgaben handelt, die Fähigkeit, diese Herausforderungen zu teilen und gemeinsam Lösungen zu finden, stärken das Team.
Alle Räder müssen ineinandergreifen. Dies gilt insbesondere für Bereiche wie IT und Digitalisierung, wo die Zusammenarbeit und der Austausch von Wissen und Ideen essenziell sind. Jede und jeder muss seinen Beitrag leisten und gleichzeitig auf die anderen achten. Nur so können wir sicherstellen, dass das Team als Ganzes erfolgreich ist.
Coltos: Ja. Transparenz von Informationen ist unheimlich wichtig für die Performance eines Teams.
Thomas: Die Kolleginnen und Kollegen informieren sich heute gegenseitig über ihre Aufgaben und Projekte. Jeder weiß nun, was der andere auf dem Tisch hat, und das schafft Transparenz und Verständnis im Team. Diese Offenheit ermöglicht es uns, besser zu erkennen, wenn jemand überlastet ist. In solchen Fällen kann man gezielt Unterstützung anbieten. Wenn also jemand in Schwierigkeiten gerät, sagen die Kollegen heute einfach: "Okay, ich helfe dir bei diesem Punkt." Das finde ich wirklich herausragend.
Coltos: Ihr betreut sowohl interne Kunden wie eure Kollegen im Unternehmen, als auch externe Kunden, beispielsweise die Stadt Bielefeld und alle dortigen Schulen. Daher haben wir uns auch explizit mit dem Thema Kundenkommunikation auseinandergesetzt. Welchen Anspruch haben Eure Kunden eigentlich in puncto Kommunikation an Euch?
Thomas: Zuallererst gibt es bei Störungen unser Ticketsystem, über das die gesamte technische und fachliche Koordination der Kommunikation läuft. Ein Ticket wird eröffnet, einer meiner Mitarbeiter bekommt es zugewiesen, bearbeitet es und schreibt dann die entsprechende Nachricht zum Ticket. Diese Nachricht enthält Informationen über den Fehler, die Ursache des Problems und die durchgeführten Maßnahmen.
In der Vergangenheit war diese Kommunikation oft sehr technisch und für den Kunden schwer verständlich. Das führte häufig zu Rückfragen: "Was meint der Mitarbeiter damit? Warum ist das Ticket noch offen? Was wird gerade gemacht?"
Coltos: Wie geht Dein Team heute damit um?
Thomas: Durch den Workshop haben unsere Mitarbeiter eine höhere Aufmerksamkeit in der Kundenkommunikation entwickelt. Natürlich kann der eine Mitarbeiter etwas besser formulieren als der andere, doch es ist wichtig, dass grundlegende Informationen immer klar und verständlich enthalten sind, damit der Kunde folgen kann. Manchmal reicht es, eine Sensibilität dafür zu schaffen, dass man noch einmal genau hinschaut oder einen Kollegen fragt: "Kannst du bitte überprüfen, ob das verständlich ist?" Diese Zusammenarbeit führt dazu, dass unsere Nachrichten klarer und verständlicher sind. Wenn keine Beschwerden von den Kunden kommen, ist das ein gutes Zeichen dafür, dass alles bestens läuft. Es zeigt, dass unsere Bemühungen in der Kundenkommunikation erfolgreich sind.
Coltos: Kommen wir jetzt zum Thema Meetingkultur. Meetings sind ein integraler Bestandteil des Alltags in jeder Organisation. Durch Corona hat sich diesbezüglich viel verändert. Früher wurde sich persönlich getroffen, in der Pandemie nur virtuell. Die Frage ist nun, wie ein optimales hybrides Modell aussehen kann. Du hast erwähnt, dass man im Video-Chat zwar Fragen stellen und zusammen Kaffee trinken kann, aber dass es nicht dasselbe ist wie ein Präsenzmeeting. Auch die Forschung bestätigt mittlerweile, wie wichtig persönliche Treffen für das Beziehungsmanagement in einem Team sind. Dir persönlich hat die Dynamik in Euern Meetings gefehlt und für Dich war immer viel Zeit und Aufwand mit den Teammeetings verbunden. Magst Du uns kurz Einblick geben?
Thomas: Ja, gern. Unsere Bereichsleiter-Runde findet montags statt, bei der sich unser komplettes Führungskräfteteam trifft. Hier erfahren wir Neuigkeiten aus dem Unternehmen. Diese müssen dann zeitnah an die Teams weitergegeben werden, weil nichts schneller als der Flurfunk ist. Daher halten wir dienstags unsere Bereichs-Meetings ab, einmal im Monat in Präsenz und dreimal virtuell. Diese habe ich zuvor vorbereitet und eine Agenda erstellt, um die Themen zu strukturieren.
Ich berichtete zunächst über die neuesten Infos, beantwortete Fragen und moderierte das Meeting. Dann haben wir immer eine Runde durch das ganze Team gemacht. Alle 23 haben dann von ihrem Tagesgeschäft der vergangenen Woche berichtet. Was war gut? Was ist herausfordernd? Was haben wir vor? Dabei notierte ich mir wichtige Punkte für das nächste Meeting oder um sie in die Führungsrunde wieder einzubringen. Ich musste auf das Zeitmanagement achten. Während der Meetings beantwortete ich Rückfragen und leitete Diskussionen. Obwohl dies nicht den ganzen Tag in Anspruch genommen hat, erforderte es neben der Vorbereitung und Nachbereitung eine hohe Aufmerksamkeit.
Coltos: Wir haben dann mit Deinem Team gearbeitet und am Anfang gleich gefragt, wie zufrieden ihr heute mit euren Meetings seid. Konkret haben wir über die Taktung, die Formate, die Inhalte und die Interaktion diskutiert. Daraufhin haben wir einen Vorschlag unterbreitet, wie jeder Einzelne seine Kommunikationskompetenz steigern kann, ihr mehr Dynamik in eure Besprechungen bekommen könnt und Du als Führungskraft entlastet wirst. Und ihr habt euch auf eine neue Herangehensweise verständigt. Was macht Ihr heute anders mit euren Meetings?
Thomas: Also wir treffen uns immer noch einmal in Präsenz und dreimal virtuell. Aber jetzt übernimmt jemand aus dem Team die Moderation, also reihum. Jeder ist einmal dran, wir machen das alphabetisch. Der Moderator begrüßt und führt uns dann durch die Besprechung. Ich starte weiterhin und bringe die neusten Informationen aus dem Unternehmen mit und habe dafür 10 bis 15 Minuten Zeit. Dann geht es mit unserer Runde weiter. Auf Eure Empfehlung hin haben wir noch einen Timekeeper, der darauf achtet, dass jeder in der Runde nicht länger als 3 - 5 Minuten spricht, damit wir mit der geplanten Zeit auskommen. Und wir haben einen Protokollführer. Diese Positionen werden auch reihum verteilt.
Für mich ist die neue Meetingorganisation eine große Entlastung.
Nach meinem Anfangsbeitrag kann ich mich wirklich auf mein Team konzentrieren. Ich höre aktiv zu und kann gezielt Zwischenfragen stellen, weil ich weiß, ein anderer schreibt das Protokoll. Das ist schon eine sehr, sehr große Hilfe. Wir haben das allerdings auf freiwilliger Basis gemacht, also es ist kein Muss. Es machen aber fast alle mit. Es gibt aber Personen, die sich mit der Moderatorenrolle einfach nicht wohlfühlen. Die trauen sich dann aber das Timekeeping zu machen oder das Protokoll zu schreiben. Das ist für alle in Ordnung.
Coltos: Okay, das heißt Ihr seid unserem Vorschlag gefolgt und habt jetzt eine Moderatoren-Rolle, eine Timekeeper-Rolle und ihr habt eine Protokollführer-Rolle. Das, was du vorher alles allein gemacht hast, wird jetzt praktisch auf mehrere Schultern im Team verteilt.
Thomas: Ja, genau. Am Anfang gab es auch Stimmen, es wieder wie vorher zu machen, weil es doch eigentlich ganz schön gemütlich war für einige. Aber ich habe dann entschieden, dass wir es gemeinsam die nächsten Monate ausprobieren. Eines kann ich schon jetzt sagen, die Dynamik ist eine ganz andere und das ist gut für das Team.
Coltos: Bemerkst Du, dass es dadurch vielleicht auch für einige leichter geworden ist zu kommunizieren?
Thomas: Natürlich gibt es Personen im Team, denen das von Anfang an leichtgefallen ist, besonders denjenigen mit kaufmännischer Zusatzausbildung. Aber insbesondere den Technikern hat es sehr geholfen. Das Kommunikationsverhalten untereinander und mir gegenüber hat sich positiv verändert. Ich merke, dass sich mehr Teammitglieder einbringen und nicht nur an ihrem eigenen Thema festhängen. Das war früher nicht schlimm, aber heute ist es besser.
Wir fühlen uns als Team gemeinsam für eine gute Kommunikation verantwortlich und das trägt Früchte.
Coltos: Welche Reaktionen haben Dich aus Deinem Team nach der Workshop-Serie erreicht?
Thomas: Ich habe viele positive Rückmeldungen bekommen. Das hat mir gezeigt, dass ich den richtigen Riecher hatte. Es hat dem Team richtig gutgetan!
Im nächsten Blogartikel gibt es den 2. Teil des Interviews zu "Konflikte managen und Feedbackkultur leben".
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